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UNSERE GESCHICHTE

Über unseren Verein gibt es viele sportliche und persönliche Geschichten zu erzählen. Doch mit fast 100 Jahren ist der Verein auch ein Spiegelbild seiner Zeit – geprägt von gesellschaftlichen Entwicklungen, politischen Umbrüchen und technischen Innovationen im Radsport.

Willy Schmitter & die Anfänge des modernen Radsports (um 1900)

Der Verein trägt den Namen von Wilhelm Robert „Willy“ Schmitter (1884–1905), einem populären Kölner Bahnradfahrer. Geboren in kleinbürgerlichen Verhältnissen in Köln-Mülheim, wurde er 1903 Berufsfahrer und avancierte binnen kurzer Zeit zu einem Publikumsliebling.

Besonders die Steherrennen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Massen anlockten, gaben dem Sport einen spektakulären, zugleich riskanten Charakter. Schmitter bildete zeitweise mit Peter Günther ein Tandem, dessen sportliche Rivalität bald auch gesellschaftliche Dimensionen gewann und in offenen Auseinandersetzungen der jeweiligen Anhängerschaften mündete.1905 verunglückte Schmitter während der Europameisterschaft der Steher in Leipzig tödlich.

 

Die enorme Anteilnahme – rund 50.000 Menschen folgten seiner Beerdigung und ihm zu Ehren wurde die legendäre Schmitter-Bahn in Mühlheim benannt – zeigten seine Popularität. Erst 25 Jahre später, im September 1930, wurde ihm zu Ehren der RC Schmitter in Köln gegründet.​​

Vereinsgründung, erste sportliche Erfolge und Gleichschaltung im Krieg (1930-1945)

Der neue Verein verband sportliche Ambition mit geselligem Vereinsleben und zog rasch Talente an. Wie viele Sportorganisationen jener Zeit wurde auch der RC Schmitter im Nationalsozialismus gleichgeschaltet.

 

Bedeutende Fahrer wie Toni Merkens gehörten ihm an, dessen enge Bindung an das Regime bis heute kritisch diskutiert wird. Im Kontrast steht das Schicksal des Kölner Bahnradfahrers Albert Richter, der aufgrund seiner politischen Haltung von den Nationalsozialisten verfolgt und zu Tode gebracht wurde. Ob und inwieweit Merkens darin involviert war, wird kritisch diskutiert.

 

Diese Phase verdeutlicht, wie sehr auch der RC Schmitter Teil der politischen Vereinnahmung des Sports war.

Wiederaufbau, der Radsport in der Krise & Fusion (1945-1970)

Nach 1945 gelang dem Verein der Wiederaufbau. Sportliche Erfolge und bekannte Namen – etwa Jürgen Kissner, dem 1964 die Flucht aus der DDR gelang und bei den "Schmittern" eine neue Heimat fand – prägten die Nachkriegsjahre. Legendär ist der Deutsche "Goldviererer", der bei den Olympischen Spielen in Tokyo im 4er Mannschaftszeitfahren auf der Bahn Gold errang. Mit Lothar Claesges und Ernst Streng waren gleich zwei der Fahrer zur damaligen Zeit Mitglied.

In den 1960er- und 70er-Jahren verlor der Radsport jedoch an Popularität, während Fußball zur dominierenden Zuschauersportart wurde. Viele traditionelle Radrennen verschwanden, Vereine kämpften mit Mitgliederschwund. Auch der RC Schmitter überstand diese Phase vor allem durch die Pflege der Radtouristik, die neue Zielgruppen erschloss.

Ein entscheidender Schritt war 1965 die Fusion mit den Radsportfreunden Gleuel, aus der der heutige RC Schmitter Köln-Gleuel 1930 e.V. hervorging. Der Zusammenschluss stand sinnbildlich für die Notwendigkeit, Kräfte zu bündeln, um den Radsport in schwierigen Zeiten lebendig zu halten.

Renaissance des Rennrades & des Radsports (1970-2000)

In den 1990er-Jahren kam es zu einer Renaissance des Radsports, befeuert durch den Tour-de-France-Sieg von Jan Ullrich 1997. Doping-Skandale, insbesondere 1998, warfen jedoch Schatten auf diese Entwicklung. Darunter litten auch die Radsportvereine. Zwar waren Rennräder interessant, Rennradfahren wurde cool, doch diese Renaissance ging an den Vereinen häufig vorbei.

Parallel trieben technische Innovationen den Sport voran: Das Mountainbike, die Einführung von Klickpedalen, neue Rahmenmaterialien wie Aluminium und Carbon oder der Bremsschalthebel veränderten die Praxis des Radfahrens. Im Laufe der Jahre fanden dann auch namhafte ostdeutsche Profis wie André Greipel oder Ralf Grabsch ihre sportliche Heimat im Verein.

Unser Verein heute 

Mit Beginn der 2000er-Jahre setzte der RC Schmitter verstärkt auf Nachwuchsarbeit. Die Jugendabteilung entwickelte sich zu einer der größten in NRW.

Wesentlich für die Gegenwart bleibt die Balance zwischen sportlicher Förderung und sozialer Verantwortung: Material wird für Nachwuchsfahrer:innen gestellt, um finanzielle Hürden abzusenken. Unterstützt von Sponsoren und getragen von einem aktiven Mitgliederstamm versteht sich der RC Schmitter heute als moderner, offener und toleranter Verein.​​

Die Geschichte des RC Schmitter zeigt die enge Verflechtung von Sport und Gesellschaft: Aufstiege und Krisen des Radsports spiegelten sich stets auch im Verein wider. Der RC Schmitter hat aus seiner Vergangenheit gelernt. Mit der 2025 verabschiedeten Jugendordnung bekennt er sich ausdrücklich zur demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik. Im Jubiläumsjahr 2030 steht er nicht nur für sportlichen Erfolg, sondern auch für Geselligkeit, Miteinander und die Bereitschaft, Tradition und Moderne zu verbinden.

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